Täglich suchen mich in meiner Sprechstunde Frauen auf, die große Sorge haben, an einem Lipödem zu leiden. Durch eigene Recherche im Internet sind sie verängstigt und verunsichert und häufig der felsenfesten Überzeugung, aufgrund der beschriebenen Symptome an einem Lipödem zu leiden.

Das Lipödem ist eher selten

Die gute Nachricht zuerst: Ein wirkliches Lipödem ist eher selten! Vielmehr handelt es sich bei den meisten sport- und diätresistenten Fettpölsterchen an Beinen, Hüften und Armen um eine sogenannte Lipohypertrophie – vollkommen gesundes und normales aber doch vermehrtes Fettgewebe.

Allein die Tatsache, dass diese Fettansammlungen einer Diät oder Ernährungsumstellung nicht richtig zugänglich sind oder auch durch Sport nicht entscheidend beeinflusst werden können, macht diese Fettansammlungen nicht zu einem Lipödem. Auch höre ich von meinen Patientinnen immer häufiger, dass die leichte Wellenbildung ihrer Haut doch ein eindeutiges Anzeichen für ein Lipödem sei. Auch dies ist keineswegs zutreffend.

Die Diagnosestellung eines Lipödems ist zwar nicht immer einfach, aber sichtbare Veränderungen der Haut wie eine Knötchenbildung des Unterhautfettgewebes oder die erwähnte Wellenbildung (Cellulite) begründen noch lange kein Lipödem.

Was ist eigentlich ein Lipödem?

Ein Lipödem ist definiert als eine stets seitengleiche (symmetrische) Fettverteilungsstörung unter der Haut an Beinen, Hüften oder Oberarmen, die mit Schmerzen oder einem Druckgefühl verbunden ist. Wichtig ist hier der zweite Teil des Satzes: bei einem Lipödem treten immer auch Beschwerden hinzu. Liegen keine Beschwerden vor, so handelt es sich nicht um ein Lipödem. Auch lassen sich diese Beschwerden nicht durch eine andere Ursache wie z.B. eine Venenschwäche oder eine Bandscheibenproblematik erklären.

Lipoedem am Arm Beispiel - Fettabsaugung Düsseldorf

Ein Lipödem macht Beschwerden

Nach dem heutigen Stand der Forschung entsteht dieser Schmerz wahrscheinlich durch eine chronische und unterschwellige Entzündung des vermehrten Fettgewebes unter der Haut. Diese Vermutung leitet sich ab aus der Betrachtung von abgesaugtem Fettgewebe unter dem Mikroskop: im Gegensatz zum normalen Fettgewebe zeigt das Fettgewebe bei einem Lipödem-Patienten vermehrte Entzündungszellen. Woher diese Entzündung des Fettgewebes beim Lipödem-Patienten stammt, ist noch unklar – sie scheint aber für die Beschwerden verantwortlich zu sein. Deswegen hilft bei einem Lipödem auch das Tragen von Kompressionswäsche: Kompression reduziert ganz allgemein Entzündungsvorgänge und führt dadurch zur Beschwerdebesserung. Das vermehrte Fettgewebe wird durch die Kompressionswäsche selbstverständlich nicht reduziert.

Welche Stadien des Lipödems gibt es?

Liegt aufgrund der Beschwerden wahrscheinlich ein Lipödem vor, so teilen Ärzte das Lipödem aktuell aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes in drei Stadien ein. Es muss aber klar darauf hingewiesen werden, dass diese Einteilung auch Graubereiche enthält und sehr subjektiv sein kann. Daher wird seit einiger Zeit in der Fachwelt eine Reformierung dieser Einteilung gefordert, um sie zum einen objektiver und zum anderen auch therapierelevanter zu gestalten.

Folgende Stadien werden derzeit unterschieden:

Stadium I:
Das Unterhautfettgewebe ist vermehrt. Die Haut ist vom Erscheinungsbild glatt, es finden sich keine sichtbaren Veränderungen.

Stadium II:
Das Unterhautfettgewebe ist vermehrt. Die Haut zeigt leichte Einziehungen / Wellenbildungen (Cellulite).

Stadium III:
Das Unterhautfettgewebe ist vermehrt. Das überschüssige Fettgewebe führt zu überhängenden Fettlefzen (Wammen) an Knöchel, Knie, Hüften oder Armen.

Stadieneinteilung kann subjektiv sein

Auch in meiner täglichen Praxis spielt die Stadieneinteilung nur eine untergeordnete Rolle, denn die Übergänge – insbesondere zwischen Stadium I und II – sind oft fließend und die Stadieneinteilung unterliegt in ihrer Abgrenzung subjektiven Eindrücken und ist somit nicht immer exakt möglich. Häufig sind es die Patientinnen selbst, für die die Einteilung bedeutend ist. Hier scheint mir insbesondere eine große Angst vor dem Stadium II zu bestehen, da dies  – allerdings vollkommen unbegründet – als bedrohlich für die eigene Gesundheit wahrgenommen wird. Am häufigsten begegnet mir in meiner Lipödem-Sprechstunde das Stadium II gefolgt vom Stadium I. Stadium III treffe ich am wenigsten an.

Ist die Entwicklung in ein höheres Stadium möglich?

Viele Patientinnen verbleiben dauerhaft in einem bestimmten Stadium, eine Entwicklung in ein höheres Stadium ist nicht zwangsläufig, kann aber entstehen – insbesondere vom Stadium I in das Stadium II. Für eine Entwicklung vom Stadium II in das Stadium III ist in der Regel eine deutliche Gewichtszunahme notwendig, die meistens andere Ursachen als das Lipödem hat (falsche Ernährung, reduzierter Stoffwechsel, mangelnde körperliche Bewegung).

Nur im Stadium III kann aktuell – unter Vorliegen bestimmter anderer Voraussetzungen – versucht werden, von der gesetzlichen Krankenkasse die Kosten für eine Operation (Fettabsaugung) erstattet zu bekommen. Eine operative Behandlung im Stadium I oder II wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt, bei einer privaten Krankenversicherung kann auch in diesen Stadien eine Kostenübernahme versucht werden.

Wie kann ein Lipödem festgestellt werden?

Im Ultraschall oder im MRT (Kernspintomogramm) gibt es – obwohl häufig gegenteilig behauptet – keine Unterschiede zwischen dem Fettgewebe beim Lipödem und normalem Fettgewebe. Zudem ist auch eine Knötchenbildung des Unterhautfettgewebes kein Anzeichen für das Vorliegen eines Lipödems – auch wenn dies immer wieder im Internet gelesen werden kann. Selbst die Figur (äußerliches Erscheinungsbild) oder Übergewicht sind kein zwingend notwendiges Kriterium. Es zählen einzig und allein die Beschwerden wie Schmerzen oder Druckgefühl. Deswegen gibt es auch schlanke Patientinnen mit einem Lipödem und übergewichtige Frauen ohne ein Lipödem.

Wie kann ich feststellen, ob ich an einem Lipödem leide?

Ob bei Ihnen ein Lipödem vorliegt, kann also nur anhand der Anamnese / Beschwerden und einer körperlichen Untersuchung festgestellt werden. Eine Blutuntersuchung, ein Ultraschall oder ein MRT sind nicht zielführend. Die Ultraschalluntersuchung dient aber dazu, eine andere Beschwerdeursache wie z.B. Krampfadern (auch wenn diese von außen nicht sichtbar sind) auszuschließen und gehört daher zur Diagnostik unbedingt dazu.

Phlebologen (Venenspezialisten) klären ein Lipödem ab

Aus diesem Grunde ist in Deutschland die Abklärung eines Lipödems im Kompetenzbereich des Phlebologen (Venenspezialisten) angesiedelt. Phlebologen können mit Ultraschall eine Venenschwäche ausschließen und die Patientin bei einem Lipödem zum weiteren Vorgehen und den verschiedenen Therapiemöglichkeiten (konservativ oder operativ) umfassend beraten. Das Lipödem ist stets Teil der phlebologischen Fachkongresse und die Forschung steht hier noch ganz am Anfang.

Wann sollten Sie einen Arzt aufsuchen?

Falls Sie bei sich die beschriebenen Anzeichen für das Vorliegen eines Lipödems feststellen oder vermuten, empfehle ich Ihnen die Vorstellung und weitere Abklärung bei einem Phlebologen.

Gerne können Sie dazu meine Praxis aufsuchen, da wir uns auf die Erkennung und Behandlung des Lipödems spezialisiert haben.